Der Wandel im Umgang mit Nacktheit, der um die Jahrhundertwende seinen Ausdruck im Phanomen der organisierten Freikoerperkultur findet und seit den kulturellen Umwalzungen der 60er Jahre immer wieder neuen Antrieb erfahrt, lasst sich weder als ein Zeichen von Kulturzerfall noch von Zivilisationsfortschritt oder sexueller Befreiung verstehen. In der Dialektik von Enttabuisierung und Freisetzung einerseits, Vereinnahmung und Verdinglichung andererseits wird ein Differenzierungsprozess sichtbar, der sowohl neue Moeglichkeiten im Umgang mit Koerperlichkeit entstehen lasst, diese aber gleichzeitig den Mechanismen der Konsumgesellschaft unterwirft. Zugleich wird der Umgang mit Nacktheit zum symboltrachtigen Gradmesserfur das sich verandernde Verhaltnis der Geschlechter zwischen Polarisierung, Verhartung und Kontaktreduzierung sowie Annaherung und groesserer Gleichberechtigung.